Dirigent mit Schere und Messer

Nicht wegen der Arbeit kam Pino nach Biel vor fast 50 Jahren, sondern wegen der Musik! Nach 5 Jahren obligatorischer Schulzeit begann er mit 13 Jahren eine Lehre als Barbier in seiner italienischen Heimat Lecce .

Damals gab es noch keine Ferien, ja ,wir arbeiteten jeden Tag, auch Sonntags.

„In der Schweiz war ich im Paradies angekommen.,
denn um 18.30 war Feierabend – Zeit für Musik!“
Er kaufte sich gleich eine Bassgitarre und zu Hause imitierte er die populären Schallplatten. Bald war er stolzes Mitglied des Tanzorchesters „Fratelli Tricolore“ seiner Brüder.

Auf dem Gelände des alten Feuerwehrdepots neben dem Viehmarkt,
wurde 1954 ein modernes Gebäude mit dem Namen „Sporting“ errichtet.
1990 erwarb Pino den wohl heute letzten althergebrachten Barbier-Salon
in diesem Gebäude., ein kleines Bijou.

Er hat nie auf Rendezvous gearbeitet, diese Organisation bedeutet Zeitverlust.
Meine Kunden stören sich nicht am Warten. Hier wartet jeder bis er an der Reihe ist. Manche lesen, andere entspannen oder beteiligen sich an den Diskussionen über Opern.

Pino war lange Mitglied des Opernchors des Bieler Stadttheaters und hat während 8 Jahren den Chor der „Misson Catholique Espanol“geleitet,
er weiss wovon er spricht.

Rasiert wird immer noch nass. „Nicht das Messer macht den Schnitt“
sondern die Hand, sagt Pino.

Puccini,Verdi und Wagner verewigte er in seiner roten Ladentheke.

Luciano Pavarotti , Andrea Bocelli bis Montserrat Caballé, sie alle hatte er in den grossen Opernhäusern schon besucht und mit ihnen ein Erinnerungsfoto gemacht.
Aufgereiht stehen die Bilder in seiner Arbeitsvitrine neben Rasiermesser,
Protect Hautschutzcréme, Bürste und Hairtonic.
Seine wahre Leidenschaft gehört der italienischen Oper.

Ein Wartender auf der langen Bank sagt ironisch:
„Männer mit Glatze kommen sich nie in die Haare „

Hier steht die Zeit Still. Ein Gefühl in einer längst vergangenen Epoche zu warten, bis es an der Zeit ist endlich Haare zu lassen.

Die Stille wird nur durch Pinos Domdeuse und Schere unterbrochen.
Wie ein Dirigent seinen Stab, führt er geschickt sein Werkzeug.