Daniel Lochbrunner lebt mit dem Tod.

Seine Arbeit mit dem Tod hält ihn am Leben. «Wenn ich auf einen Berg steige und die Sonne untergehen sehe, nehme ich das sehr intensiv wahr, denn ich weiss, dass schon morgen alles zu Ende sein kann», sagt Daniel Lochbrunner, 46, dunkle Igelfrisur, breites Grinsen und seit 25 Jahren Bestatter.

Wenn er einen Verschiedenen herrichte, frage Lochbrunner sich oft, was der Mensch alles erlebt habe. «Ob er vor seinem Tod leiden musste und ob er ‹das Licht› gesehen hat.» Antworten bekomme er zwar nicht - «vielleicht einmal, wenn ich selber an der Schwelle stehe».Als Einziger in der Schweiz praktiziert Lochbrunner als Thanatologe. Das heisst, er richtet die Toten, die durch Unfall, Suizid oder Krankheit schwer entstellt wurden, wieder so her, dass die Angehörigen Abschied am offenen Sarg nehmen können. Wenn ein Verstorbener längere Zeit aufgebahrt bleiben soll oder die Verwesung bereits weit fortgeschritten ist, balsamiert Lochbrunner den Körper auf Wunsch der Familie ein. Dazu führt er formalinhaltige Flüssigkeit in die Arterien, um den Körper von innen zu konservieren.

Die Angst vor dem Sterben ist Lochbrunner geblieben, denn es gebe verschiedene Möglichkeiten zu sterben. Was ihm sein Beruf aber genommen hat, ist die Angst vor dem Tod. «Ich stelle ihn mir sogar schön vor.»

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